Dieser Titelgewinn der Badischen Meisterschaft kommt nicht von ungefähr. Der Verlauf und der Ausgang des Heimspiels gegen Rot-Malsch stand symbolisch auch für die gesamte Saison
Es waren die typischen Meisterfeier-Szenen, welche die zahlreichen Zuschauer in der Walter-Hohmann-Sporthalle am Samstagabend sahen: Zunächst hüpfte die Hardheimer Mannschaft ekstatisch im Kreis und freute sich nach dem überlegenen 34:20-Sieg gegen Rot-Malsch über den Titel der Badischen Meisterschaft. Dann die Welle und die „Humba“ mit den Fans, gefolgt von Sekt- und Bierduschen. Es gab kein Halten mehr. Es feierten nicht nur Mannschaft, Trainer und Abteilungsangehörige, sondern eine ganze Gemeinde – inklusive Bürgermeister Stefan Grimm. Der versprach der Mannschaft via Hallen-Mikrofon den Eintrag ins Goldene Buch.
Mit diesem Erfolg krönte der TV Hardheim exakt 40 Jahre nach der letzten Badischen Meisterschaft nicht nur eine überragende Saison, sondern belohnte sich für eine Entwicklung, die schon seit Jahren andauert. Dieses Spiel gegen Rot-Malsch stand am Samstag für so viele Faktoren, die diesen Titel ermöglichten. Es stand als Symbol für:
Guten Handball, Kreative Spielzüge, kesse Kreisanspiele, Raketen-Rückraumwürfe und zum Schluss auch noch ein Kempa-Trick. Es macht einfach Spaß, dieser Mannschaft zuzuschauen, die so viel sportliche Qualität auf das Spielfeld bringt. „Es war ein richtig gutes Handballspiel von uns. Es war alles stimmig“, lobte Trainer Lukas Dyszy seine Mannen.
Starke Abwehr
Leidenschaftliche Abwehrarbeit: So platt es sich auch anhört: Mit dem Angriff gewinnt man Spiele, mit der Abwehr Meisterschaften. Der TVH stellt in der Badenliga aktuell zwar nur die zweitbeste Defensive, doch vor allem in der Rückrunde packten die Hardheimer in der Abwehr so richtig zu. Ran an den Mann, für keine Drecksarbeit zu schade sein! Der Mittelblock mit Robin Steinbach, Henrik Bischoff, Thomas Withopf und Janis Erbacher entwickelte sich für die Gegner zu einer fast unüberwindbaren Wand. Und wenn doch einmal ein Schuss durchkommt, dann stehen mit Jörn Müller und Ove Villmann zwei Keeper im Tor, die für die Badenliga absolute Spitze sind.
Die komplette Saison: Was viele übersehen, ist das Verletzungspech, das den TVH über weite Strecken der Saison verfolgte. Oft konnte Coach Dyszy nur mit sieben Feldspielern trainieren, so auch beim Abschlusstraining am Donnerstag, als ein Virus plötzlich einige Spieler außer Gefecht gesetzt hatte. Bis auf den kranken Rechtsaußen Fabian Serwinski waren am Samstag dann aber wieder alle da und bissen auf die Zähne. „Für uns war klar: Wir stehen zusammen und reißen das Ding“, sagte Trainer Dyszy. Und Abteilungsleiter Manfred Dörr ergänzte: „Dieser Mannschaftsgeist, dieser Zusammenhalt, wie einer für den anderen kämpft – das macht mich richtig stolz.“
Für gute Jugendarbeit: Diesen Titel errangen – wie schon vor 40 Jahren – fast ausschließlich Hardheimer Spieler, die schon von Kindesbeinen an beim TVH spielen. Am Samstag warf Lukas Dyszy mit Nils Käflein und Felix Gärtner wieder zwei Youngsters aus den eigenen Reihen ins Getümmel. „Und da ist keiner abgefallen“, lobte der Coach. „Dieser Titel ist für alle in unserem Verein, vor allem für unsere Jugendtrainer“, sagte Kapitän Robin Steinbach. „Die Situation in Hardheim ist einmalig“, schwärmte auch Bernhard Bischof, einer der Meisterhelden von einst und Vater des aktuellen Rückraumspielers Henrik. Viele Ex-Spieler haben sich als Trainer und Jugendtrainer eingebracht. „Dazu kommen die Zuschauer, die die Mannschaft tragen“, ergänzte Bischof. Die guten Jugendspieler, die immer wieder in die erste Mannschaft vorstoßen, geben dem Team eine enorme Leistungsdichte und -tiefe im Kader. Und so urteilte der zweit- und drittliga-erfahrene Jan Winkler, der krankheitsbedingt in dieser Saison gar nicht spielen konnte: „In dieser Mannschaft steckt noch so viel Potenzial.“
Kontinuität: Diese Meisterschaft wurde nicht erst in dieser Saison „erschaffen“. Seit fünf Jahren ist Lukas Dyszy Trainer, der in seiner Premieren-Saison übrigens mit 0:10 Punkten gestartet war. „Diese Mannschaft haut sich in jedem Training voll rein. Sie gibt sich nie zufrieden. Deshalb ist diese Meisterschaft etwas Besonderes“, sagte der Coach. Während andere Teams in dieser Klasse vor jeder Saison eine enorme Fluktuation im Kader haben, baut der TVH seit Jahren auf einen festen Stamm, der nun die richtige Mischung aus Erfahrung (Steinbach(s), Withopf, Bischof), bestes Handballalter (Erbacher, Engels, Huspenina) und Talent (Gärtner, Käflein, Winter) hat.
Gier nach Erfolg: Die Mannschaft will das Maximale und nun auch in den beiden Aufstiegsspielen gegen den Württemberg-Meister HSG Albstadt bestehen. Hier sieht sie sich als Außenseiter. Hinspiel ist am 9. Mai, Rückspiel am 11. Mai in Hardheim. Der Gesamstsieger steigt in die Regionalliga Baden-Württemberg auf.
Text: © Fränkische Nachrichten, Sonntag, 28.04.2024 Michael Fürst
Bild: Klaus Narloch