Der TV Hardheim gewinnt das Spitzenspiel in der Handball-Badenliga daheim gegen die SG Heddesheim mit 23:20 und steht damit kurz vor der badischen Meisterschaft
Es war 21.07 Uhr am Samstagabend, als das Dach der Walter-Hohmann-Sporthalle gerade noch hielt. Nein, der Druck kam nicht von oben, weil etwa ein furchtbares Unwetter über Hardheim fegte, vielmehr kam der Druck von innen. Nachdem die Schlusssirene der Spitzenbegegnung in der Handball-Badenliga zwischen dem TV Hardheim und der SG Heddesheim ertönt war, erschallte ein kollektiver Jubelschrei der – nach FN-Schätzungen – gut 1000 Zuschauer unter ihnen Handball-Weltmeister Carsten Lichtlein.
Der TVH hatte soeben mit 23:20 gewonnen. Fremde Menschen lagen sich in den Armen, Mannschaft und Trainerteam hüpften ekstatisch im Kreis. Die badische Meisterschaft ist nun nur noch einen Sieg entfernt.
Manfred Dörr, seit vielen Jahren Handball-Abteilungsleiter beim TVH, sagte ein paar Minuten später sichtlich ergriffen: „Das ist der Wahnsinn. Wie früher zu besten Regionalliga-Zeiten. Wir wollen das jetzt einfach genießen.“ Das Wort „Regionalliga-Zeiten“ war schon während des gesamten Abends die am meisten benutzte Vokabel.
Die vielen Zuschauer (unter ihnen auch gut 50 Heddesheim-Fans), die Mega-Stimmung und natürlich der hervorragende Handballsport – für die älteren Besucher war es tatsächlich wie eine kleine Zeitreise genau 40 Jahre zurück: 1984 wurde der TV Hardheim ebenfalls badischer Meister (damals hieß die Spielklasse Oberliga Baden) und stieg in die Regionalliga Süd, damals die 3. Liga, auf. Die Jubelszenen und die unfassbar gute Stimmung am Samstag waren identisch.
Noch ist der Aufstieg nicht geschafft
Doch Moment! Zurück in die Gegenwart: Noch hat der TV Hardheim die Meisterschaft und erst recht einen Aufstieg noch gar nicht geschafft. Er hat sich als Tabellenführer der Badenliga mit dem Sieg gegen den Rangzweiten lediglich einen Matchball verschafft – wie man im Tennis-Jargon sagen würde. „Heute wird ,open end’ gefeiert, und ab Montag werden wir alles dafür tun, um im nächsten Spiel den Titel zu holen“, sagte TV-Trainer Lukas Dyszy kurz nach der Begegnung im FN-Gespräch. Auch er war, wie Manfred Dörr, noch sichtlich ergriffen.
Abwehrleistung, Leidenschaft, Wille
„Die Abwehrleistung, die Leidenschaft und der Wille haben den Ausschlag für den Sieg gegeben“, analysierte der Coach und lenkte den Blick dann auf eine Phase im Spiel, in der seine Mannschaft auf den Weg zum Sieg einbog und den Kessel zum Kochen brachte: Zwischen der 36. und 43. Minute machte der TVH aus einem 12:12 ein 16:12 . „Ich war mir sicher, dass wir es irgendwann einmal schaffen, drei, vier Tore hintereinander zu erzielen – und dann wird das Publikum kommen und uns vollends zum Sieg tragen“, sagte Dyszy. Und genau so war es. „Wir haben jahrelang dafür gearbeitet, an diesem Punkt zu stehen und viel, viel Schweiß investiert“, erklärte der Trainer und schob nach: „Ich bin stolz auf die Truppe.“
Eine Säule dieser Mannschaft ist Robin Steinbach. Der 35-jährige Routinier hat sich nach dem ersten großen Jubel in die Umkleidekabine zurückgezogen. Er wollte mal kurz in Ruhe diesen Moment genießen, für den auch er so lange gearbeitet hat. „Die Leidenschaft, die gute Abwehr, die Torhüterleistung, das war einfach riesig. Jetzt wollen wir nächsten Samstag die Meisterschaft sichern.“ Doch könnte der TVH in diesem Falle auch in den Aufstiegsspielen bestehen? „Definitiv“ glaubt Robin Steinbach. „Im Moment können wir auf diesem Niveau jeden schlagen.“
Albstadt wäre der Gegner
Im Falle der Meisterschaft würde der TVH aufgrund einer Reform im baden-württembergischen Handball nicht direkt aufsteigen, sondern müsste sich das Oberliga-Ticket in zwei Aufstiegsspielen gegen den Meister der Württemberg-Liga sichern. Das ist die HSG Albstadt, die mit nur drei Minuspunkten den Titel sicher hat. Das erste Spiel wäre auswärts, das Rückspiel in Hardheim.
Doch so weit dachte am Samstagabend noch keiner. Es galt, den Moment zu genießen und den so hart errungenen Erfolg im Spitzenspiel zu feiern – erst mit den Fans in der Halle, später im „Ochsen“. Dort ging es bis in die frühen Morgenstunden.
Ach so, das nächste Spiel: Es findet am kommenden Samstag gegen Rot-Malsch wieder in der Walter-Hohmann-Sporthalle statt. Bürgermeister Stefan Grimm, vorgestern auch unter den Zuschauern, hofft, dass das Dach dann wieder hält – sollte der große Titelwurf gelingen.
Text: © Fränkische Nachrichten, Montag, 22.04.2024 k.n.
Bild: Klaus Narloch