Nach dem Abbruch der Saison stehen die Vereine vor wirtschaftlichen Problemen und fürchten, Jugendliche zu verlieren / Dennoch Verständnis für den Verband
Die Handball-Saison in Baden-Württemberg ist abgebrochen (wir berichteten bereits ausführlich). Wie bewerten die Vereine diese Entscheidung? Wir haben uns einmal beim TV Hardheim und der HSG Dittigheim/Tauberbischofsheim umgehört.
„Ein Schlag ins Gesicht“
Ganz bitter ist der Saisonabbruch für den TV Hardheim, der ohne Punktverlust die Tabelle in der Badenliga angeführt hat. „Der Abbruch ist natürlich für uns ein Schlag ins Gesicht“, sagt Trainer Lukas Dyszy. „Wir alle haben uns für das neue Jahr mehr Normalität erhofft.“
Trotzdem hält Dyszy persönlich die Entscheidung des Verbandes für richtig. „Jetzt hoffe ich, dass sich der BHV mit Ideen, wie man die neue Saison gestalten kann, auseinandersetzt.“ So müsse man seiner Ansicht nach prüfen, ob man die kommende die Saison nicht schon im August anfangen lässt, damit man im nächsten Winter keinen „Terminstress“ hat. Genauso könne man überlegenen, ob man aus 16 Teams in einer Liga nicht zwei Achter-Gruppen macht. Auch könnten die Meisterschafts- und Abstiegsfrage nach einem neuen Modus geklärt werden(zum Beispiel in Gruppen mit anschließendem Viertelfinale, Final Four etc.).
Äußerst schade findet Lukas Dyszy die Tatsache, dass die bisher gespielten Partien überhaupt nicht gewertet werden. „Wir standen mit 8:0 Punkten auf dem ersten Tabellenplatz. Die aktuelle Saison wird ohne Wertung abgebrochen. Wenn es also keinen Absteiger oder Aufsteiger gibt, warum wird denn die Saison nicht im September fortgeführt anstatt neu anzufangen, dann wäre wenigstens die harte Arbeit in der Saisonvorbereitung und auch die tollen Siege nicht ganz für umsonst“, so der Hardheimer Trainer. Neben dem sportlichen Aspekt stelle der Abbruch die Vereine auch vor enorme finanzielle Probleme.
Gesundheit steht im Vordergrund
Für Thomas Keupp, den Sportlichen Leiter von Verbandsligist HSG Dittigheim/Tauberbischofsheim, ist der Saisonabbruch die „einzig richtige Entscheidung“. Im Moment stehe die Gesundheit aller und die Bekämpfung des Corona-Virus’ klar im Vordergrund.
Aus Marketing- und Sponsoring-Sicht sei die vergangene „Corona-Saison“ natürlich alles andere als erfolgreich gelaufen. „Wir konnten unseren Sponsoren leider nicht das bieten, was wir ihnen versprochen haben“, so Thomas Keupp. Man sei jedoch sehr froh, dass fast alle Sponsoren ihr Zusagen dennoch gehalten haben. „Als Verein mussten wir bis heute pandemiebedingt finanzielle Einbußen verkraften, was uns mit Sicherheit die nächsten Jahre vor Herausforderungen stellen wird.“
Sportlich gesehen wäre nach Ansicht von Keupp ein Re-Start kaum umsetzbar gewesen. „Unsere Mannschaft ist seit der Saisonunterbrechung im Oktober 2020 praktisch nicht mehr im Training. Zudem konnten wir seitdem nicht mehr gewährleisten, dass alle Spieler individuell von Zuhause aus trainieren um sich für eine mögliche Wiederaufnahme des Spielbetriebs fit zu halten. Diese lange Handballpause in zwei bis drei Wochen Vorbereitungszeit zu kompensieren, das ist so gut wie nicht möglich. Ein Re-Start hätte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, schwere Verletzungen bei Spielern hervorgerufen.“
Zu vermuten ist, dass dem Handball, so wie wohl allen anderen Sportarten auch, durch die Pandemie Jugendliche verloren gehen. „Genau aus diesem Grund müssen wir jetzt gemeinsam für die Saison 2021/2022 und darüber hinaus Vollgas geben. Wir dürfen uns dieser Pandemie nicht geschlagen geben. Die Region braucht den Breitensport, um allem voran unseren Jugendlichen eine Perspektive und Zukunft zu bieten.“
Zumindest hinsichtlich des eigenen Spielerkaders kann die HSG Dittigheim/Tauberbischofsheim positiv in die Zukunft blicken. „Ein Großteil unserer ersten Männermannschaft wird auch in der bevorstehenden Saison das grün-weiße Trikot tragen wird. Mit fast allen Spielern wurden dementsprechend schon Gespräche geführt“, so Keupp gegenüber den FN.
Text: kn/ptt
Bild: © Fränkische Nachrichten, Dienstag, 16.02.2021